Influencer Talk: Lea Jell im Gespräch
Lea-Sophie Jell zählt mit 17 Jahren schon mehr oder weniger als Pferdeprofi. Der Umgang mit ihren drei PRE-Wallachen und Mustang-Wallach „Musti“ zeichnet sich durch Feingefühl aus, das immer auf das jeweilige individuelle Bedürfnis des Pferdes bedacht ist. Teamgeist, Freude und Abwechslung stehen bei Lea Jell und ihren Eltern in der Arbeit mit den Pferden an erster Stelle. Ohne geht’s in der Disziplin Working Equitation auch nicht – das weiß Lea Jell aus eigener Erfahrung. Sie zählt zu den hoffnungsreichsten Nachwuchstalenten der Working Equitation in Deutschland. Schon mit zwölf Jahren sicherte sie sich auf Turnieren die ersten Siege in dieser Disziplin. Nur wenig später folgte die Aufnahme in den Jugendkader der Working Equitation Deutschland e.V
Foto: Anita Wimmer
„Ich will immer verstehen, was meine Pferde gerade brauchen!“
Über Bilder und Videos nimmt Lea Jell den Zuschauer auf verschiedenen Social Media-Kanälen mit in ihre Pferdewelt. Sie gibt Einblicke in ihr Training bestehend aus Dressur, Working Equitation, Boden- und Freiarbeit. Im Sommer 2021 hat sie ihr persönliches Trainingsportfolio um die Arbeit mit einem wilden Mustang aus Nordamerika erweitert. Im Rahmen des Projektes „Mustang Make Over“ hat Lea Jell gezeigt, wie sie ein schüchternes Wildpferd von einem Leben als domestiziertes, zutrauliches Reitpferd überzeugt. „Das war eine so spannende Reise von der ersten Berührung bis zum Jungpferd, das nun mutig seinem Dasein als Partner unterm Sattel entgegenblickt“, resümiert sie. Inzwischen hat „Musti“ – wie geplant – ein neues Zuhause gefunden. Im Interview erzählt uns Lea Jell von ihren reiterlichen Geheimnissen, ihrer Leidenschaft zur Working Equitation und ihren Zukunftsträumen:
Vertrauen und Spaß sind die Grundlagen der Freundschaft zwischen Lea und ihren Pferden.
Foto: danees-photography.de
Was willst Du werden, wenn Du „groß“ bist?
Lea Jell: Ich habe noch keine direkte Idee. Sicher werde ich immer etwas mit Pferden machen, aber zuerst werde ich meine Schule beenden und würde vielleicht gerne studieren. Wie gesagt: Ich habe mich in dieser Hinsicht noch nicht entschieden.
Welche Einstellung hast Du zu Deinen Pferden?
Lea Jell: Eine gute Beziehung zwischen meinen Pferden und mir ist die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Darauf baut alles auf. Das sehen meine Follower derzeit auch bei der Ausbildung von Silencioso und „Musti“. Geduld, Zeit, Freude, Abwechslung, Teamgeist und positive Verstärkung sind für mich dabei das A und O. An erster Stelle steht aber vor jedem angepassten Training eine artgerechte Haltung. Aus unserer Sicht bedeutet das: Offenstall mit viel Auslauf auf großen Wiesen und 24 Stunden Heuversorgung.
Was macht für Dich eine gute Pferd-Reiter-Beziehung aus?
Lea Jell: Vertrauen, Akzeptanz, Respekt und ein starkes Bindungsband. Ich denke mein Geheimrezept ist die Empathie zu meinen Pferden. Ich versetze mich in sie hinein und will verstehen, was sie gerade brauchen und wie ich mit dem jeweiligen Pferd eigentlich „reden“ muss, damit es mich auch versteht. Jedes unserer Pferde hat da definitiv andere Bedürfnisse und eine andere Sprache. Imperioso (10), also Impi, ist da eine eher explosive Natur. Er ist meistens zu übereifrig. Auf Turnieren steht er sich deshalb häufig selbst im Weg. Es gilt seinen Eifer immer in eine geordnete Bahn zu lenken, ohne dabei seine Motivation zu bremsen. Imitado (16), also Imi, dagegen war mein großer Lehrmeister, immer konzentriert und im richtigen Moment zündend. Mit ihm war der Working Equitation-Trail ein Traum, weil er eben immer alles gegeben hat. Leider ist er jetzt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr reitbar. Silencioso ist mit seinen fünf Jahren ein eher unbeschriebenes Blatt und noch ganz am Anfang seiner Ausbildung. Ich bin schon sehr gespannt, wie er sich weiter entwickeln wird.
Wie alt warst Du, als Du Reiten gelernt hast?
Lea Jell: Ich habe mit fünf Jahren angefangen zu voltigieren. Dann wollte ich aber fast täglich zum Pferd. Meine Eltern meldeten mich also relativ schnell zum Reitunterricht an und unsere eigenen Pferde folgten dann schon bald.
Wie bist Du eine so gute Reiterin geworden?
Lea Jell: Gut ist immer relativ. Dahinter steckt viel Training und Eigenfleiß. Und man sieht in meinen Videos auch, dass manchmal etwas eben auch nicht funktioniert. Dann heißt es immer: Morgen ist ein neuer Tag und wir probieren es wieder. Rückschritte gehören immer dazu. Wichtig ist, dranzubleiben und den Mut nicht zu verlieren.
Wann hast Du mit Working Equitation gestartet?
Lea Jell: Ich war zehn Jahre alt, als mich meine Trainerin damals zum ersten Mal mit einem Working Equitation-Hindernis vertraut gemacht hat. Das war der Parallelslalom. Dabei mag ich den eigentlich gar nicht. Meine Lieblings-Worker-Hindernisse sind die Brücke und das Tor. Deshalb ist die Brücke auch das erste Hindernis, das wir am eigenen Stall aufgebaut haben.
Lea Jell in Aktion: Auf ihren PRE-Wallachen Imi (links) und Impi (rechts) stellt sie sich den vielseitigen Aufgaben des Working Equitation-Stiltrails.
Fotos: Saskia Wehler
Wie hat Dich die WE in Deinem Reiter-Dasein gefördert?
Lea Jell: Total. Bei der Working Equitation wächst man mit seinem Pferd eng zusammen, erarbeitet gemeinsam die Hindernisse, versteht dadurch sein Pferd noch mehr, verfeinert die Schenkelhilfen, beginnt viel mehr übers Bein zu reiten.
Welche Voraussetzungen muss ein Pferd-Reiter-Team erfüllen, um mit WE starten zu können?
Lea Jell: Theoretisch gar keine großen. Um in der Working Equitation starten zu können, muss man ein gutes Pferd-Reiter-Team sein und die Grundlektionen können.
Wann hast Du Deinen ersten Preis in der WE gewonnen?
Lea Jell: Das war 2016 – da war ich 12 Jahre alt und bin zum zweiten Mal auf einem Turnier gestartet. Damals bin ich mit meinen beiden Pferden Imi und Gisi eine Prüfung geritten und habe Platz 1 und 2 belegt.
Welche Trainer haben Dich am meisten geprägt?
Lea Jell: Katrin Frankenberger hat mich zur WE gebracht. Extrem viel gelernt habe ich aber auch an der Fundación Real Escuela Andaluza del Arte de Ecuestre in Jerez in Spanien, also der „Spanischen Hofreitschule“. Ich war für zwei Wochen dort. Und diese beiden Wochen haben mich sehr, sehr geprägt. Dort durfte ich jeden Tag fünf verschiedene fein ausgebildete Hengste reiten – und die haben mir natürlich echt vieles beigebracht.
Aktuell trainiert mich Mirjam Wittmann. Sie ist Doppelweltmeisterin in der Working Equitation und unfassbar kompetent, ein so sehr hilfsbereiter und liebenswerter Mensch.
Mehr Artikel aus dieser Ausgabe
Der Urgedanke des Turnierreitens
Entstanden ist der Wettkampf zu Pferd bereits vor Jahrhunderten. Im Turnierreiten geht es heute wie damals um die Leistungserbringung im Wettkampf…
Alles eine Frage guter Zucht
Heute sind weltweit über 540 Pferderassen bekannt. Sie sind durch kluge Kreuzungen der einzelnen Pferdetypen entstanden, haben sich gegenseitig…
Angst: Tabu oder Hilfe?
Angst ist in der Reiterwelt ein Tabuwort. Aber warum eigentlich? Angst ist eine evolutionär bedingte Emotion, die durchaus ein guter Berater sein…